Radtour von Schwerte ins Emsland und zurück
Eine Mehrtages-Rundtour durch den Nordwesten Deutschlands
Da stehen sie nun vor meiner Haustür: meine drei Mitradler für die kommende Woche auf unserer Radtour durch das nördliche NRW und das westliche Niedersachsen. Abweichend von unseren Touren in den letzten Jahren wird diesmal keinerlei Anreise benötigt; stattdessen starten wir mit unseren relativ schwer bepackten Tourenrädern direkt von zuhause aus.
Die erste Etappe soll uns nach Rheine führen, wird aber bereits in Unna-Massen unplanmäßig unterbrochen: Ein lockerer Bowdenzug hat dazu geführt, dass bei einem meiner Begleiter die Schaltung nicht mehr ordnungsgemäß arbeitet. Die Mängelbehebung ist keine große Sache, vor allem auch deshalb, weil wir fachkundig von einem hilfsbereiten und freundlichen Fahrradmonteur unterstützt werden. Wenn sich dennoch leichte Ungeduld breit macht, liegt das daran, dass an diesem Tag noch gut 100 km zu absolvieren sind!
Dann aber geht es weiter: Zunächst durch gut bekannte Gegenden fahrend, über Werne, vorbei an Ascheberg und durch die Coesfelder Davert, erreichen wir bei Amelsbüren das Stadtgebiet von Münster – auffällig: der immer stärker werdende Radverkehr. Wir fahren entlang des Aasees, umfahren das Zentrum auf der Promenade und verlassen die Stadt Richtung Norden. Als wir die münsterschen Rieselfelder erreichen, ist das Wetter, das eher trübe und leicht nieselig begonnen hat, zunehmend schwül geworden. Für die nächsten rund 180 Radkilometer folgen wir jetzt mehr oder weniger dem Lauf der Ems. Nach einer Pause in einem Grevener Eiscafé kommen wir am späteren Nachmittag an unserem Zielort Rheine-Elte an. Unsere Absicht, den ersten Tag gemütlich im Biergarten ausklingen zu lassen, wird durch einen Wolkenbruch über den Haufen geworfen – das Essen schmeckt uns trotzdem!
Am zweiten Tag machen wir die erste Pause schon nach wenigen Kilometern am Kloster Bentlage und sehen uns den Schlosspark an. – Zwei Stunden später müssen wir wegen Sperrung der Gleesener Schleuse vom geplanten Weg abweichen. Es scheint sich um eine langfristig eingerichtete Umleitung zu handeln, die ich planerisch hätte berücksichtigen können; wo aber bliebe dann das Abenteuer?! So suchen wir im Schatten großer Laubbäume Schutz vor der heute glühenden Sonne und machen erst einmal Pause an einem „Radlertreff“ (Getränke-Automat!). – Eine weitere Stunde später erreichen wir das riesige Speicherbecken Geeste, einst angelegt als Kühlwasser-Reserve für das KKW Emsland, heute Anziehungspunkt für Wassersportler. Noch zwölf Kilometer weiter bummeln wir durch die hübsche Altstadt von Meppen und lassen uns ein Eis schmecken. Anschließend geht’s wieder auf die Räder und durch das absolut flache Emsland, vorbei an Haren (Ems) hin zu unserem heutigen Etappenziel Dörpen, etwa 15 km südlich von Papenburg. Der Biergarten unseres Hotels ist sehr gut besucht – warum, wissen wir nach dem wirklich guten Abendessen.
Tag 3 führt uns zunächst in das beschauliche Papenburg mit bunt herausgeputzten Häusern am Hauptkanal (wie aber kommen bloß die vielen großen Segelschiffe auf diesen Kanal??). Es folgt eine bereits vorab gebuchte Führung in der weltbekannten Meyer-Werft. Die Dimensionen der Werft und der hier in Fertigung stehenden Schiffe sind absolut beeindruckend – und das so weit vom Meer entfernt! Zurück bei unseren vorher geparkten Rädern stellen wir erleichtert fest, dass unser sämtliches Gepäck noch vollzählig ist ...
Für den Nachmittag ist Regen angekündigt. Wir machen deshalb keine großen Umwege auf unserem Weg durch die Fehn(=Moor)-Landschaft: Lange Geraden mit einigen Häusern, das Aufregendste sind einige rechtwinklige Abzweigungen! Rechtzeitig vor dem sachte einsetzenden Regen erreichen wir unsere Unterkunft in Barßel. Die Pension ist typisch für eine Monteurs-Bleibe: solide, aber etwas bieder, mit einer fürsorglich agierenden Pensionswirtin. – Nach dem Abendessen spielen wir wie üblich Karten; zwei anwesende Außendienstler kiebitzen und lassen sich unsere gruppenspezifischen Regeln erklären.
Durch relativ dünn besiedelte Moor- und Geestlandschaften fahren wir am Folgetag nach Vechta. Die Wege und Straßen sind heute nicht so gradlinig wie gestern, dafür in Bezug auf die Oberfläche teilweise herausfordernd: Im Vehnemoor zwingt uns ein feuchter, tiefgründiger Sandweg zum Absteigen, etwas später werden wir auf einigen Marterstrecken durchgerüttelt. Dennoch erreichen wir unbeschadet und früh am Nachmittag unser Tagesziel Vechta. Da das gebuchte Hotel erst gegen Abend öffnet, machen wir noch eine ausgedehnte Pause in der Vechtaer Innenstadt. Die Unterkunft selbst hat sich laut unserem Quartiermeister seit der Buchung sehr zum Nachteil verändert: das eigentlich eingeplante Essen im Hotel – Fehlanzeige! Deshalb speisen wir höchst feudal in einem nahegelegenen Golf-Ressort. Danach lassen wir den Tag in der „Toncoole“ ausklingen, dem Biergarten einer idyllischen Natur-Badeanstalt. Es ist gerappelt voll. So werden wir vorübergehend zu zwei anderen Gästen an deren Tisch „platziert“ und kommen miteinander ins Gespräch. Es stellt sich heraus, die sind tatsächlich schon mal auf dem Ruhrtal-Radweg unterwegs gewesen …!
In der Hitze des nächsten Tages fällt relativ schnell und dennoch zu spät auf, dass meine beiden Radflaschen bestens präpariert in Vechta geblieben sind. Auf der Suche nach Ersatz fällt die Stadtbesichtigung in Diepholz deshalb viel ausführlicher aus als vorgesehen … Danach ist die nächste Station der Dümmersee. Obwohl großenteils nur hüfttief, bietet er die Gelegenheit zu einer willkommenen Abkühlung; aber auch der Genuss eines Kaltgetränks ist nicht zu verachten!
Kurz vor Ende der heutigen Teilstrecke wird das Höhenprofil ab Bad Essen deutlich hügeliger. Zur Überquerung des Wiehengebirges haben wir uns aber die flachste Stelle ausgesucht, und so erreichen wir ohne jegliche Probleme das heutige Ziel Melle-Buer. Im hiesigen Bueraner Hof sind unsere Räder (im großen Saal) und wir selbst bestens aufgehoben, und wir lassen´s uns im Biergarten gut gehen.
Am vorletzten Tourtag geht es zunächst durch die leicht hügelige Gegend nordwestlich von Bielefeld, gekennzeichnet durch Hitze und der Suche nach einer geeigneten Verpflegungsstation; das scheint am heutigen Sonntag schwierig zu werden. Weil wir auf der Nordseite vom Teutoburger Wald nichts finden, überqueren wir den Kamm und suchen hinter Halle/Westf. weiter. Schließlich finden wir eine Eisdiele in Marienfelde – eigentlich hatten wir anderes im Sinn! Anschließend fahren wir durch Herzebrock und wollen uns danach das Wasserschloss Möhler ansehen; vor Ort müssen wir dann aber feststellen, dass dies seit Pandemiezeiten nicht mehr für die Öffentlichkeit freigegeben ist. Also fahren wir ohne größere Pause durch bis zu unserer letzten Tourstation in Oelde-Stromberg. Dort kommen wir viel zu früh an. Weil wir noch nicht ins Hotel kommen, verbringen wir die Zwischenzeit auf dem nahegelegenen Burgplatz. Dieser hat mit seiner steilen Abbruchkante zwar durchaus seine Reize, uns wäre aber in der Situation ein Biergarten lieber gewesen! Den bietet uns dann mit etwas Verspätung unser Hotel.
Auf unserer letzten Radetappe haben wir (ich!) zunächst Probleme, vom Stromberger Burgberg wieder runterzufinden. Nachdem wir das dann doch geschafft haben, geht es durch die Hügel östlich von Beckum und letztlich hinab ins Lippetal. Bei umschlagendem Wetter müssen wir den ganzen Tag über gegen heftigen Gegenwind ankämpfen. Wir überqueren die Lippe bei Lippborg, erreichen bei Eilmsen und Dinker allmählich wieder bekannte Gefilde und folgen dem Alleenradweg nach Unna. Am Bahnhof stärken wir uns nochmal mit Kaffee und Kuchen, gönnen uns ein Eis am Marktplatz und nehmen dann die restlichen Kilometer unter die Räder.
Nach 610 km endet unsere diesjährige Radtour an der gleichen Haustür, an der sie eine Woche zuvor begonnen hat. Sieht man von der einen oder anderen Länge in den Niederungen norddeutscher Moore ab, sind die dazwischen liegenden Tage sehr erlebnisreich gewesen. Außerdem wissen wir jetzt, dass auch der Norden Deutschlands seine Biergärten hat!
Die Planung für die Tour 2024 kann beginnen!
Harald Miehe, ADFC Schwerte